Die Musik des Barock wurde zu Beginn des 18. Jahrhunderts, zwischen 1720 und 1730, von der Empfindsamkeit abgelöst. In den norddeutschen Regionen trat dieser Übergang verspätet in den 1740er bis 1760er Jahren ein. Der Höhepunkt des empfindsamen Musikstils ist auf die 1770er zu legen. Ab diesem Zeitpunkt war die klassische Musik bereits in einigen Bereichen etabliert.

Historischer Hintergrund

Der Tod von Ludwig XIV. führte 1715 zum Ende des Rationalismus in Frankreich. Daraus ging die Empfindsamkeit hervor, welche sich gegen die strikte, an der Vernunft orientierte, Lebensart wendete. Das Zeitalter rund um die Aufklärung begann in Deutschland zur selben Zeit als in Frankreich die Vernunft in den Vordergrund trat. Aus diesem Grund fällt die Musikepoche der Empfindsamkeit auf denselben Zeitraum der Aufklärung. Ursprünglich ist die Empfindsamkeit auf die Religion zurückzuführen. Aus diesem Grund deuten einige Forscher den empfindsamen Stil als säkularisierten Pietismus.

Ausdruck der Empfindsamkeit

Neben der Bezeichnung der „Empfindsamkeit“ kann die neue Musikrichtung des 18. Jh. auch als „empfindsamer Stil“ beschrieben werden. Kennzeichnend ist dabei die, den Ausdruck betonende, Musiksprache, welche eine große Zahl von tief empfundenen Gefühlen widerspiegelte. Ein Aspekt der überaus typisch für diese Zeit ist, da nicht nur in der Kunst die Emotionen eine immer wichtigere Rolle spielen, sondern auch in alltäglichen Dingen diesen ein Ausdruck verliehen wird.

Mit dem empfindsamen Stil ging auch die „Sensibilität“ einher. Dabei wollten die Komponisten Natürlichkeit und Einfachheit in ihren Stücken verkörpern. In einer Zeit der Aufklärer wurde diese Zielsetzung hochgeschätzt und gewürdigt. Hinzu kam, dass mit den Stücken auch ein expressiver Charakter verknüpft wurde. Die Wirkung der musikalischen Werke sollte im Vergleich zu früheren Werken verstärkt werden. Gleichzeitig ging es darum, das jeweilige Thema passend und klar zu definieren.

Tonsprache

Wie sich bereits vermuten lässt, ist die Tonsprache der Empfindsamkeit überaus gefühlsbetont. Gezielt werden Melodiephrasen eingesetzt, damit die Hörerschaft direkt berührt wird – die Musik sollte direkt ins Herz treffen und Emotionen hervorrufen. Zu den bekanntesten und weit verbreiteten Merkmalen zählen die Vorhaltsbildungen, lombardischen Rhythmen als auch die Seufzermelodik.

Unter dem lombardischen Rhythmus versteht sich eine spezielle Form der musikalischen Punktierung. Punktierte Noten treten dabei an zweite Stelle von weniger betonten Notengruppen. Das Seufzermotiv setzt sich hingegen aus dem Sekundschritt ab- bzw. aufwärts zusammen. Dabei wird der an erster Stelle stehende Ton betont, während der darauffolgende Ton leiser und unbetont gespielt wird.

Die Satztechnik entwickelt sich hingegen einfacher. Während der Generalbass, d.h. Continuo, an Bedeutung verliert, kommt es zu einer Verlangsamung des harmonischen Rhythmus.

Galanterie vs. Empfindsamkeit

Im Grunde intensiviert die Empfindsamkeit den galanten Stil. Die Galanterie entstammt dem Spätbarock und ist mehr als eine Abkehr des strengen, polyphonen Musikstils zu betrachten. Zu den bekanntesten Kennzeichen gehören zum einen die Verständlichkeit, Natürlichkeit sowie Kantabilität. Hinzu kommt der weitgehende Verzicht von Kontrapunkten und die dominierende Melodiestimme. Auf der anderen Seite werden Abläufe einfacher und harmonischer gehalten. Melodiephrasen sind kurz und einfach, werden aber wiederholt. Zu guter Letzt ist die elegante Ornamentation und Melodik zu nennen.

Die Musik der Empfindsamkeit tritt hingegen mit der Darstellung von Empfindungen und Emotionen hervor. Dabei werden die Affekte häufig abgewechselt und es erscheinen einige Parallelen zum Musikdrama.

Bekannte Vertreter

Zu den wichtigsten Komponisten zählt einerseits Pietro Alessandro Scarlatti, ein aus Italien stammender Komponist, der im Kindesalter nach Rom umzog, um dort eine musikalische Erziehung zu erfahren. In Neapel erhielt er 1648 eine Anstellung zum Hofkapellmeister. Eine Aufgabe, welche Scarlatti bis 1703 erfüllte. Seine Uraufführung 1718 von „Il trionfo dell’onore“ war schlussendlich der Durchbruch für ihn. Insgesamt verfasste Scarlatti 100 Opern und über 800 Kantaten. Nachfolgende Komponisten profitierten von seiner musikalischen Ausdrucksweise, welche immer wieder seine Opern prägten.

Carl Philipp Emanuel Bach brachte in der Klaviermusik nicht nur Empfindsamkeit, sondern auch die verschiedensten Empfindungen und Emotionen zum Ausdruck. Er gilt bis heute als Wegweiser des empfindsamen Musikstils und komponierte bis zu 350 Sinfonieren, Sonaten und Klavierkonzerte. Des Weiteren verfasste er das als „Versuch über die wahre Art das Klavier zu spielen“ betitelte Lehrwerk.

Das populärste Werk für die Empfindsamkeit ist die Bettleroper namens „The beggar’s opera“, welche vom Berliner Johann Christopher Pepusch komponiert wurde. Insgesamt kommen darin 69 Textnummern vor, welche von Pepusch zu einem Großteil mit Volksliedern untermalt wurden.

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