Die Epoche des Realismus gehört der „schönen Wirklichkeit“ an und wird auf den Zeitraum von 1848 bis 1890 gelegt. Allerdings kommt es nicht mehr zu einer schonungslosen Darstellung der Realität, vielmehr wird diese in einer ästhetischen und verschönerten Form wiedergegeben. Demzufolge geht es beim Realismus mehr darum, eine Beschreibung vorzubringen, wie eine Sache sein könnte, weswegen die Realität zur Zeit des Realismus mehr oder weniger verklärt wird.
Geschichtlicher Hintergrund
Der Realismus gehört dem 19. Jahrhundert an und liegt unmittelbar zwischen den Epochen Romantik (1795-1839/35) und Naturalismus (1880-1900). Während des späten 19. Jahrhunderts gab es entscheidende Entwicklungen, die sich sowohl auf die Wirtschaft und Gesellschaft, aber auch auf den technischen Bereich ausgewirkt haben. Somit kam es zu tiefgreifenden Veränderungen im gesamten Alltagsleben der Menschen.
Einen großen Einfluss übte auch die gescheiterte Märzrevolution im Jahre 1848 aus. Obwohl die Bevölkerung sich erhofft hatte das politische Mitspracherecht zu erhalten, blieb es bei einer unerfüllten Hoffnung. Erkenntnisse in der Philosophie und Wissenschaft wurden verstärkt hinterfragt. Zur gleichen Zeit erfuhr auch die Lebenswelt der Arbeiterschaft eine stringente Veränderung, da die Industrialisierung sich immer stärker zeigte und Auswirkungen hatte.
Aus all diesen Einflussfaktoren erwuchs das Sehnen nach nüchterner und zugleich neutraler Betrachtungsweise der Wirklichkeit.
Merkmale des Realismus in der Musik
Im Bereich der Musik wirken die mimetischen Bemühungen im Unterschied zu den wirklichkeitsgetreuen und beschönigenden Darstellungen in den literarischen Werken und der bildenden Kunst eher beschränkt. In der Musik wird entweder auf eine direkte Nachahmung von Vorgängen der Akustik gesetzt, sodass Geräusche der Umwelt oder Natur mit musikalischen Instrumenten nachgeahmt wurden. Infolgedessen wurde das Gezwitscher von Vögeln mit Tonmalerei nachgestellt und der Kriegslärm mithilfe der Battaglia. Auf der anderen Seite konnte ein Musikstück mithilfe eines Textes und/oder beigefügten Programmheftes erst vervollständigt werden.
Doch auch die gescheiterte Märzrevolution wurde in der Musik zum Thema gemacht. Das Gleiche galt für soziale Themen, darunter die Etablierung einer nationalen Einheit als auch Erwägung von wirtschafts- und verfassungsliberalen Zielen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Wiedergabe der Realität auch gleichzeitig mit einer Abkehr von klassizistischen Schönheitsvorstellungen einherging. Dieser Aspekt wurde nicht von jedem Musikanten und Komponisten hingenommen, sodass es auch zu zahlreichen Kritiken kam. Zu den Gegnern gehörten unter anderem Anhänger von Richard Wagner und Hector Berlioz als auch die Neudeutsche Schule.
Dennoch gewinnt die Musik zur Zeit des Realismus an Ästhetik und geht mehr in die Richtung des Musikdramas und -epos. Auf der anderen Seite werden auch neue Themen, die bis dato kein Thema darstellten, erwähnt. Dazu zählte nicht nur die Geschichte und Politik, sondern auch das Volk und die Fragen, die sich die Bevölkerung immer mehr stellte.
Insbesondere die Nationalmusik und Oper profitierte vom musikalischen Realismus, da es dort vom pittoresken Folklorismus sowie couleur locale darüber hinausging. Vielmehr erhielt die Oper nun eine nationale Legitimation und rückt verstärkt in den Fokus. Es werden realistische und zugleich naturalistische Schilderungen des Milieus wiedergegeben – diese treten vor allem ab den 1890er Jahren auf.
Sozialistischer Realismus
Der Begriff des sozialistischen Realismus taucht ab etwa 1932 auf und hängt stark mit der marxistischen Ästhetik zusammen. Dabei ist die Tonsprache überaus konservativ und zeigt starke Ähnlichkeit zur Musik der romantischen Epoche. Allerdings bleibt die Tonalität modal eingefärbt, während die Melodien eingängig und die Formgebung von traditionellen Linien sind. Auf Serialismus, Zwölftontechnik als auch Atonalität – drei Faktoren, welche vor allem in der Musik im 20. Jahrhundert zutage treten – wird vollkommen verzichtet, da es sich dabei um Verirrungen handelt, die nicht wiedergegeben werden sollten.
Die nationale Musik und Folklore, welche bereits zur Zeit des Realismus im 19. Jahrhundert von großer Bedeutung war, wird vonseiten des sozialistischen Realismus stärker mit einbezogen. Die Harmonik und Melodik erhalten dabei einen nationalen Charakter.
Bekannteste Komponisten
Als bekannte Komponisten zählen zum Realismus Giacomo Puccini, bei welchem die Vokalmusik im Unterschied zur Instrumentalmusik stark hervortritt. Doch auch Jean Sibelius sowie Igor Strawinsky sind zu nennen.
Zu den berühmtesten Komponisten des sozialistischen Realismus gehörten Dimitri Schostakowitsch mit seiner „vierten Symphonie“ und seiner Opfer namens „Lady Macbeth vom Distrikt Mzensk“. Hinzu kommen die beiden Komponisten Sergei Prokofjew sowie Adam Chatschaturjan.
Beispiele des Realismus
Die Oper erhielt im musikalischen Bereich durch den Realismus eine neue Stilrichtung: Verismo. Die Bezeichnung stammt aus dem Italienischen und steht für „vero“, d.h. „wahr“. Es ging um affektgeladene Geschehnisse, die mithilfe von Musik auf die Bühne gebracht wurden.